Das Doktorhaus

Landärzte und Hebammen

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Lange Zeit wurde die medizinische Versorgung durch Landärzte sichergestellt. Diese verfügten allerdings oft über eine zweifelhafte Ausbildung in ihrem Fach: Noch im 18. Jahrhundert stand „im Zentrum der damaligen Ausbildung eines Landarztes die Lehre bei einem älteren Arzt. Das Belegen von Vorlesungen an einer Universität war freiwillig.“ Vielfach wurde den Aerzten auch zugebilligt, dass sie ihre Kunst nach und nach erlernen mussten.“ Um 1783 praktizierte der gebürtige Wettswiler Johannes Bühler als Arzt in unserem Dorf, aber auch in der weiteren Umgebung. Dank seines vermögenden Vaters, Hans Rudolf Bühler, Bauer mit dem grössten Hof in Wettswil, sowie Wirt und Säckelmeister, hatte er über die materiellen Voraussetzungen verfügt, um sich in Theorie und Praxis zum Arzt ausbilden zu lassen. Obwohl Johannes Bühler als damals bester Landarzt angesehen wurde, stiess sein weites Arbeitsfeld auch auf Kritik: „Es könnte aber die gemeinde und die nachbarschaft von dem glück, einen solchen arzt in der nähe zu haben, noch viel grössern nuzen ziehen, wenn er nicht den grössten theil seiner kunden zu bremgarten und der umliegenden gegen häte und aus diesen sowol als auch anderen gründen just dan abwesend wär, wenn man seiner hülfe am schleunigsten nöthig hätte.“

Bei Geburten wurde die Hebamme gerufen; ihr Dienst war von ausserordentlicher Wichtigkeit: „Der Hebammenberuf wurde ganz allgemein von Frauen ausgeübt, die darauf angewiesen waren, für ihre Familie etwas Bargeld zu verdienen. Unzählige Frauen starben an einer Geburt und viele Kinder hatten ihr Leben lang an Geburtsschäden zu leiden. Die Qualität der Hilfe der Hebamme bei einer Geburt entschied oft über Leben und Tod von Mutter und Kind.

Das Doktorhaus

Das um 1779 erbaute Anwesen galt seinerzeit als Schönstes im ganzen Dorf. Lange Zeit wohnte und wirkte der gebürtige Hedinger Dr. Werner Meili, unterstützt von seiner Schwester, darin. Dr. Meili erfreute sich grosser Hochachtung: „Getragen von eisiger Pflichterfüllung, tätigte er all seine Krankenbesuche, auch in alle Nachbargemeinden, stets zu Fuss, begleitet von seinem treuen Hündchen.“ Vermerkte der Chronist des Gemeindevereins bei dessen Hinschied.

1931 übersiedelte die Familie des Phillipp von Siebenthal (1896-1962) von Rifferswil nach Wettswil und erwarb das Haus. Die Mutter, Anna Frieda geb. Schmid (1901-1991) war eine gestrenge Hausherrin, die peinlich genau auf Sauberkeit und Ordnung achtete: Auf dem sorgfältig gerechten Kiesplatz lag auch nicht ein Steinchen daneben. Die von Siebenthals führten den Bauernbetrieb weiter und unterhielten gleichzeitig die vom Doktor beanspruchten Zimmer: Im Erdgeschoss war dies die Stube, die als Wartzimmer diente, (blau markiert) und im ersten Obergeschoss das „Praxiszimmer“ (grün markiert).

Nach dem Tod von Dr. Meili 1934 führte Dr. Gustav Schaudt (1898-1960) aus Birmensdorf die Praxis bis 1958 weiter. Er kam fast täglich angereist, um Sprechstunden abzuhalten. Die von Siebenthals betätigten sich derweil als „Sprechstundenhilfen“. Sie nahmen telefonische Anmeldungen entgegen, reinigten das Arztbesteck, füllten im Ermangelung fliessenden Wassers die Wasserschüsseln auf, fegten die Böden usw.

Dorfzentrum Drei Linden

1971 fielen sowohl das Haus als auch der parkähnliche Umschwung dem Bagger zum Opfer, und das Zentrum Drei Linden nahm seinen Anfang. Unter der Leitung der Architekten Spiess und Wegmüller baute die Generalunternehmung der Bührle Immobilien AG ein Wohn- und Geschäftshaus mit 26 Eigentumswohnungen, Ladengeschäften und einem Restaurant. Längst nicht alle Geschäfte, die bei der Eröffnung des Zentrums Anfang 1974 dabei waren, bestehen noch heute. Seit Anbeginn aber ist der VOLG im neuen Zentrum untergebracht. Im Restaurant lösten sich verschiedene Wirte mit unterschiedlichem Erfolg ab.


Standort

Schautafel 12, Doktorhaus, Kirchgasse 2

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